Autor Thema: Der Koran und die Juden  (Gelesen 5778 mal)

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Aisha

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Der Koran und die Juden
« am: Mo., 13. Juli 2009, 11:02 »
Der Koran und die Juden (1): Entstehung und Aufbau

Viele Gerüchte, meistens keine vorteilhaften, kreisen in der nicht aufgeklärten Öffentlichkeit um den Koran und seinen Inhalt. Er spreche schlecht über die Juden und Christen, heißt es, und er rufe zum Krieg gegen die Ungläubigen auf, wird häufig behauptet. Was die Christen und die Aufrufe zum Dschihad betrifft, sind schon andere Autoren dieser Frage nachgegangen…

Miriam Magall

1. Vorwort

Im Folgenden soll ausschließlich untersucht werden, was der Koran tatsächlich über Juden sagt. Und natürlich ist es auch interessant, der Frage nachzugehen, welche Elemente aus der Hebräischen Bibel Eingang in den Koran gefunden haben und in welcher Form.

2. Der Koran

Doch zunächst einmal soll der Koran kurz vorgestellt werden, gehört er doch zumindest in der westlichen Welt nicht gerade zu den am häufigsten gelesenen Büchern.
Der Koran ist die authentische Urkunde für Mohammeds Leben und Werk. Er enthält seine eigenen Worte, die er als Offenbarungen Gottes erklärte. In ihm spricht Allah entweder in der Ein- oder Mehrzahl zum Propheten und durch diesen zu den Menschen oder Gläubigen. Dank Muhammed wurde den Arabern eine Offenbarung in ihrer eigenen Sprache zuteil — wobei sich die Offenbarungen im Koran nach des Propheten Meinung mit denjenigen decken, die frühere Völker durch ihre Propheten erhalten haben. Demnach sollte das, was Moses in der Thora, David in den Psalmen und Jesus in den Evangelien ihre Völker lehrten, auch den Arabern in ihrer Sprache verkündet werden.[1] [1]
Schon in Mekka dürfte die gedächtnismäßige Bewahrung der Predigten und Ermahnungen Mohammeds eingesetzt haben, da sie offenbar zugleich als Rezitationen kultischen Zwecken dienten. Darauf verweist bereits die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Koran, die „Vortrag, Rezitation” lautet. Zu Lebzeiten des Propheten hat es anscheinend keine kanonische Sammlung der einzelnen Offenbarungen gegeben. Es existierten zunächst verschiedene, eher private Sammlungen. Erst unter dem dritten Kalifen Othman (644–656) wird eine offizielle Koran-Ausgabe erstellt. Eine von Othman in Medina eingesetzte Kommission von drei Mekkanern schuf in ungefähr fünf Jahren die heute noch gültige Textausgabe.

Die Einteilung des Korans in Suren und Verse, wie man sie kennt, geht auf den othmanischen Text zurück. Er umfasst insgesamt 114 Suren von sehr unterschiedlicher Länge; sie bestimmt auch die äußerliche Anordnung nach absteigendem Umfang, d.h. die längsten Suren stehen, außer Sure 1, am Anfang, die kürzesten und zugleich ältesten am Ende. Jede Sure trägt heute einen Namen, der aus einem hervortretenden oder ungewöhnlichen Wort der betreffenen Sure gewonnen ist. Abgesehen von der 9. Sure wird jede Sure mit Basmala, eingeleitet, was „Im Namen des barmherzigen und erbarmenden Gottes” bedeutet.


Dem deutschen Orientalisten Theodor Nöldeke (1836–1930) kommt das Verdienst zu, die Chronologie der koranischen Texte festgestellt zu haben. Demnach wird zwischen zwei bis drei mekkanischen Perioden von der medinischen Zeit unterschieden. Inhaltlich bestehen die Suren aus Lobpreisungen von Allahs Güte und Schöpfermacht, Ankündigungen des Jüngsten Tages, Trostworten, Ermahnungen und Warnungen. Im Lauf der Zeit kamen Hinweise auf Abschnitte der früheren Heilsgeschichte, rhetorische und sachliche Auseinandersetzungen mit den Gegnern, zuletzt auch Regelungen von Rechtsfragen hinzu.
Von Anfang an hat sich der Islam weitgehend von der Darstellung lebender Wesen ferngehalten, dafür wurde die Ornamentik in Gestalt von Arabeske und geometrischem Ornament und noch mehr die Schriftkunst in den islamischen Ländern gepflegt. Höchster Ehrgeiz eines jeden Kalligraphen war und ist es, das Wort Allahs in möglichster Vollkommenheit zu schreiben. Davon zeugen bis heute die wunderschönen Schriftfriese, die, in Stein gehauen oder in schimmernde Fayence eingelegt, die Tore und Kuppeln der Moscheen krönen.

3. Andere Interpreten

Nach Ansicht von Rudi Paret[2] [3] und Annemarie Schimmel[3] [4] zeigt der Koran vor allem Einflüsse von Christen, sehr viel weniger dagegen von Juden.

Das ist nach Ansicht der Verfasserin dieser Zeilen eine mehr als ungenaue Behauptung. Um ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, braucht der Leser lediglich einen Blick in das Register der wichtigsten Eigennamen und Begriffe in der von Schimmel annotierten Koran-Ausgabe zu werfen.[4] [5] Schon ein ganz oberflächlicher Blick wird zeigen, dass die Zahl der Koran-Zitate aus der Hebräischen Bibel, auch als „Altes Testament” unter den Christen bekannt, die aus dem christlichen „Neuen Testament” um ein Vielfaches übersteigt. Allein Aaron, Mose Bruder, kommt in 13 Suren vor, Abraham in 26 Suren, Abrahams Sohn Isaak in 12 Suren und dessen Sohn Jakob wiederum in 10 Suren. Die Juden werden in insgesamt 11 Suren erwähnt, die Kinder Israel in 16 Suren, Moses gar in 33 Suren, die Thora, d.h. die Hebräische Bibel, in 20 Suren, dabei wurde nicht einmal die Zahl der Erwähnungen der altisraelischen Propheten und Könige wie Elias und Elisa, Saul, David und Salomo genannt.

Die Christen finden dagegen lediglich in fünf Suren Erwähnung, das Evangelium als Buch Jesu in insgesamt acht Suren; Jesus, der Sohn der Maria, in 13 Suren, Johannes der Täufer in gerade einmal vier Suren, und schließlich begegnet das Volk der Schrift, womit sowohl Juden als auch Christen gemeint sind, in 18 Suren.

Nach Ansicht von Paret[5] [6] traf Mohammed zum ersten Mal in Medina (seit dem Jahr 622) auf Juden, und dort hat er Paret zufolge wohl auch zum ersten Mal etwas von ihrer Thora gehört. Weiter meint Paret, die jüdischen Siedlungen und die darin lebenden Juden, die schon seit Generationen dort ansässig waren, standen in ihrer Umwelt auf verlorenem Posten, er betrachtet sie als Kolonien, die kein Mutterland mehr besaßen.[6] [7] Das jüdische Reich, aus dem sie vor Jahrhundert abgesprengt waren, gehörte der Vergangeneheit an. Die Christen, die zur Zeit von Mohammeds Auftreten in Arabien lebten, befanden sich dagegen, wie Paret meint, in einer wesentlich günstigeren Lage. Sie bezogen ihre geistige Nahrung aus den an die Halbinsel angrenzenden Kulturländern, aus Gebieten also, in denen das Christentum schon längst festen Fuß gefasst hatte. Und doch, meint Paret, habe man sich in Mekka nur mangel- und bruchstückhaft über das Christentum orientieren können.[7] [8] Ist das der Grund dafür, warum Mohammed über die Geburtsgeschichte und die Jugend der Maria besser Bescheid wusste als über das Leben und Wirken von Jesus? Aber dieser Frage soll hier nicht weiter nachgegangen werden. Interessanter ist da schon das Problem mit den antijüdischen Äußerungen im Koran, die große Ähnlichkeiten mit derartigen Aussagen vor allem im Johannes-Evangelium aufweisen.

Eine völlig neue Sicht des Koran bietet Christoph Luxenberg in seinem Buch „Die syro-aramäische Lesart des Koran”, der wegen der Brisanz seiner Thesen nicht unter seinem wirklichen Namen schreibt, sondern unter einem Pseudonym.[8] [9] Luxenberg ist Semitist und behauptet, zur Zeit der Entstehung des Koran sei das Arabische noch keine Schriftsprache gewesen. Für ihn stellt sich daher die Frage, woher die Araber plötzlich diese grammatisch so perfekte Sprache hatten. Damals sei das Aramäische die Lingua franca im westasiatischen Raum gewesen, wohingegen die so genannte altarabische Poesie erst seit dem neunten Jahrhundert schriftlich dokumentiert sei. Die Verfasser des Korans seien Luxenberg zufolge demnach keine Araber gewesen, vielmehr sieht er Juden oder Christen als seine Urheber an. Beide werden im Koran ja wiederholt (in 18 Suren) als Volk der Schrift bezeichnet. Allerdings dürfte Luxenberg zufolge der jüdische Anteil überwiegen, gibt es doch viele Artverwandtschaften in der Hebräischen Bibel und im Koran — allerdings auch, das betrifft den Judenhass, im Neuen Testament. Was die Übersetzer betrifft, so treten Juden als solche schon sehr früh in Erscheinung. Erinnert sei lediglich an die Septuaginta, die noch vor der Zeitenwende von siebzig jüdischen Gelehrten aus dem Hebräischen ins Griechische übersetzt wurde. Und auch später werden Juden immer wieder als Sprachvermittler erwähnt. Es könnte also durchaus ein, dass, immer vorausgesetzt, Luxenbergs These stimmt, Juden die Verfasser des Korans sind.

[1] [10] So sagt es Annemarie Schimmel in ihrer Einleitung zu der Koran-Ausgabe, die 1960 und in einer verbesserten Ausgabe 1991 bei Reclam herausgegeben wurde; S. 9.
[2] [11] Paret, Rudi: Mohammed und der Koran. Geschichte und Verkündigung des arabischen Propheten. Stuttgart 1957.
[3] [12] Der Koran. Aus dem Arabischen übersetzt von Max Henning. Einleitung und Anmerkungen von Annemarie Schimmel. Stuttgart 1960; durchgesehene und verbesserte Ausgabe 1991 (die Reclam-Ausgabe).
[4] [13] Ebda., S. 619–625.
[5] [14] Siehe Paret: Mohammed und der Koran. S. 104.
[6] [15] Ebda., S. 12.
[7] [16] Ebda., S. 12–14.
[8] [17] Luxenberg, Christoph: „Die syro-aramäische Lesart des Koran. Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache.” Berlin 2000. 2. Auflage, Berlin 2004.
*) Bei der Kultur des Islam handelt es sich um eine derjenigen Weltkulturen, in deren Kunstschaffen die Kalligraphie entscheidende Bedeutung genießt: Sie ist nicht bloße Formkunst, sondern dient vielmehr dazu, durch die „ästhetisch anziehende Form der Schrift den Gläubigen den Inhalt von Gottes Text zu vergegenwärtigen. Entstehung, Entwicklung und Bedeutung der Kalligraphie im Islam hängen dem Wesen nach mit den Grundzügen der islamischen Religion und dem Gottesverständnis im Islam selbst zusammen.
Das vorliegende Buch erlaubt es, immer wieder in die Schö”nheit der kalligraphischen Linienführung einzutauchen, während es auf allgemein verständliche Weise in die Geschichte der arabischen Schrift und ihrer Buchstaben einführt und anschaulich ihre mannigfaltigen Stile erklärt.
Gabriele Mandel beschäftigt sich seit Jahren mit der islamischen Kunst und Kultur. Er ist Universitätsdozent, Autor und Künstler. Er bekam den Ehrendoktortitel der Staatlichen Universität in Konya (Türkei) verliehen und ist Gründungsmitglied und Mitglied der Internationalen Islamischen Universität von Cordoba und der Islamischen Akademie von Camebridge. Zur islamischen Geschichte und Kultur hat er wichtige Bücher veröffentlicht. Vom selben Autor liegt auch “Eine Einführung in das hebräische Alphabet und die Mystik der Buchstaben [18]” vor, ebenfalls bei marix erschienen.

Quelle: http://www.hagalil.com/archiv/2009/07/09/koran-1





Aisha

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Antw:Der Koran und die Juden
« Antwort #1 am: Mo., 13. Juli 2009, 11:07 »
Der Koran und die Juden (2): Von Ibrahim, Dawud und Suliman


Im vorherigen Teil [1] unserer Serie “Der Koran und die Juden” ging es um Entstehung, Aufbau und versch. Interpretationen zur Entstehungsgeschichte des Koran…

Miriam Magall

4. Die biblischen Vorläufer

Welche Elemente nun hat Mohammed der Hebräischen Bibel entnommen? Da wäre zum einen der Monotheismus — in Mohammeds altarabischer Welt wimmelte es von vielerlei Göttern und Geistern.[9] [2] Auch die eschatologischen Vorstellungen sind für Mohammeds Zeitgenossen etwas völlig Neues, genau wie auch das gottesdienstliche Gebet, sogar den Namen für Gebet, Sal‘t, hat er aus dem Aramäischen übernommen.

4.1  Die Schöpfung, Adam und Noach

Erst in Sure  21,31; in Sure 32 und dann noch einmal in Sure 41,8–11 spricht der Koran von der Erschaffung von Himmel und Erde. Beide und was zwischen beiden ist, erschafft Allah gemäß Sure 32,3 innerhalb von sechs Tagen. Danach setzt er sich auf den Thron. Der Mensch zählt einen Tag Allahs wie tausend Jahre (Sure 32,4). Es ist eine etwas andere Schöpfungsgeschichte als die aus 1. Mose 1 bekannte. Den Menschen bringt er aus Ton hervor und auch das: „Alsdann bildete er seine Nachkommen aus Samen aus verächtlichem Wasser” (Vers 7). Die Menschen danken es ihm aber nur wenig, und sie bereuen nichts. Deshalb verspricht Allah: „So schmecket denn (die Strafe) dafür, dass ihr die Begegnung mit diesem euerm Tag vergaßet. Siehe, wir haben euch vergessen; schmecket denn die ewige Strafe für euer Tun” (Vers 14).

Auch das klingt irgendwie bekannt: Adam bewohnt mit seiner Frau den Garten, d.h. das Paradies, und sie haben in Hülle und Fülle zu essen, nur von dem einen Baum dürfen sie nicht essen (Sure 2,33). Vorher schon hatte Allah Adam die Namen aller Dinge gelehrt (Sure 2,29). In der Hebräischen Bibel ist das die Tat des ersten Menschen, Adam (1. Mose 2,20). Außerdem hieß er die Engel, sich vor Adam niederzuwerfen, was sie auch taten — bis auf Iblis, womit Satan gemeint ist.
Satan lässt Adam und seine Frau gemäß Sure 2,35 das Verbotene tun, woraufhin sie aus dem Garten vertrieben werden. Außerden werden sie dazu verurteilt, jeder der Feind des anderen zu sein und auf der Erde zu wohnen. Darüber hinaus wird ihnen angedroht, „des Feuers Gefährten” zu werden, d.h., sie kommen ins Höllenfeuer, wenn sie nicht glauben und Allahs Zeichen verleugnen. Diese beiden letztgenannten Elemente kommen in der Hebräischen Bibel in diesem Zusammenhang nicht vor, sind also eine Zutat Mohammeds zum ursprünglichen Bibeltext.

Gleich nach dem Bericht über die zwölf Kundschafter macht der Koran in Sure 5,30–36 zurück einen Sprung zu Adam und seinen beiden Söhnen, von denen der eine den anderen erschlägt, nur, weil sein Opfer nicht angenommen wurde. (Es ist das einzige Mal, dass diese beiden im Koran erwähnt werden.) Im Anschluss an die Schilderung dieser Tat macht der Koran wiederum eine Anleihe beim jüdischen Schrifttum, sagt er doch: „Aus diesem Grunde haben wir den Kindern Israel verordnet, dass wer eine Seele ermordet, ohne dass er einen Mord oder eine Gewalttat im Lande begangen hat, soll sein wie einer, der die ganze Menschheit ermordet hat. Und wer einen am Leben erhält, soll sein, als hätte er die ganze Menschheit am Leben erhalten” (Sure 5,35–36). Diese Aussage zitiert einen der wichtigsten Grundsätze des Judentums.

Zu Beginn von Sure 7 geht es im Koran noch einmal zurück zur Erschaffung von Adam und den Engeln, die sich auf Allahs Geheiß außer Iblis, dem (islamischen) Satan, vor Adam niederwerfen (Sure 7,10). Zur Strafe verstößt Allah ihn. Adam und sein Weib werden dagegen von Allah ins Paradies geschickt, wo es auf Iblis’ Verführungskünste hin zum bestens bekannten Sündenfall und seinen Folgen kommt (Sure 7,19–23).

Auch Noach wird im Koran nicht vergessen. Von seinen Taten und seiner Arche wird ausführlich in Sure 11,27–51 berichtet. Als Noach die Menschen zur Umkehr ermahnt, wovon auch die Hebräische Bibel spricht (1. Mose 6,13–24; 7,1–24 und 8, 1–18), erntet er nichts als Spott. Der Rest der Geschichte ist zu bekannt, als dass sie hier wiederholt werden müsste, mit einer kleinen Abweichung: Noach fordert seinen Sohn auf, mit ihm in die Arche zu steigen. Dieser zieht es jedoch vor, auf einen Berg zu steigen. Dort ertrinkt er (Sure 11,44–45).
Sure 20 schildert in den Versen 114 bis 125 den Bund, den Allah mit Adam schließt, den dieser aber vergisst. Denn er isst von der verbotenen Frucht des Baumes und wird sehend.

Sure 23, die die Überschrift „Die Gläubigen” trägt, handelt wiederum von Noach. Darin wird ihm, heißt es, befohlen, eine Arche zu nehmen und von allen Gattungen ein Paar hineinzunehmen. Noach folgt getreulich den Befehlen Allahs und lobt ihn (Verse 23 bis 30).
Sure 25,105–120 wierderholt den Bericht darüber, wie Noach vor das Volk tritt und es ermahnt, Allah zu fürchten und zu gehorchen. So steht es auch in der Hebräischen Bibel. Bei Mohammed kommt als neues Element hinzu, dass sie ihn der Lüge bezichtigen und drohen, ihn zu steinigen. Noach ruft Allah zum Richter an, der beschließt, ihn mit allen Wesen in der Arche zu erretten, während der Rest ertränkt wird.
In Sure 29 ist zu erfahren, dass Noach tausend Jahre weniger fünfzig Jahre unter seinem Volk verweilte. Danach kommt die Sintflut, und nur Noach und alle, die in der Arche sind, werden gerettet (13–14).
Sure 54 zählt jene auf, die von ihrem Volk der Lüge bezichtigt werden. Dazu gehört auch Noach: Das Volk nennt ihn einen Lügner. Zur Strafe öffnen sich die Tore des Himmels und aus der Erde brechen Quellen hervor. Nur Noach wird auf dem Schiff aus Planken und Nieten gerettet.

Sure 71,1–29 befasst sich ausschließlich mit Noach. Auch in dieser Sure ermahnt er sein Volk zur Umkehr, es will jedoch nichts von ihm hören. Gemäß der islamischen Theologie kommt es zur Zeit Noachs zur Einführung des Götzendienstes. In Sure 71,22–23 sind die Gottheiten des altarabischen Pantheons, die außerhalb Mekkas verehrt wurden, erwähnt. Die Strafe folgt auf den Fuß: „Wegen ihrer Sünden wurden sie ersäuft und ins Feuer geführt” (Vers  25).

Gemäß dem Register der von Annemarie Schimmel kommentierten Koran-Ausgabe kommt Adam in neun Suren vor, von Noach und seinem Volk ist in 28 Suren die Rede.

4.2  Abraham und Lot

Und noch ein guter Bekannter begegnet im Koran: In Sure 2,118 wird er vorgestellt: „Siehe, ich mache dich zu einem Imam für die Menschen.” Gemäß Mohammed besitzt Abraham die reine, unverfälschte, dem Islam entsprechende Religion, von der die Juden, d.h. die Nachkommen Abrahams, abgefallen sind.

Allah befiehlt Abraham und seinem Sohn Ismael, das Haus, d.h. die Kaaba in Mekka, zu einem Versammlungsort für die Menschen und einem Asyl zu machen. Sie sollen sein Haus für alle reinigen, die dorthin kommen (Sure 2,119). Beide zusammen sind gemäß dieser Sure die Stifter des mekkanischen Heiligtums, von dem Götzenanbeter fortan ausgeschlossen sind.

Abraham gehorcht Allah und wird Muslim: „Ich ergebe mich völlig dem Herrn der Welten” (Sure 2,125). Seinen Kindern legt er ans Herz, nicht zu sterben, ohne Muslime geworden zu sein. Die Gebetsformel seiner Söhne heißt: „Anbeten werden wir deinen Gott und den Gott deiner Väter Abraham und Ismael und Isaak, einen einzigen Gott” (Sure 2,127). Hier sei angemerkt, dass die bei Juden übliche Formel „Gott unserer Väter, Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Jakobs” lautet, d.h. Jakob wurde durch Ismael ersetzt.

Abraham ist nicht nur ein Imam, nein, der Koran betont ausdrücklich: „Abraham war weder Jude noch Christ; vielmehr war er lauteren Glaubens [d.h. ein Hanif], ein Muslim” (Sure 3,60).

Ein wichtiger Aspekt eines jeden Gläubigen ist es, auch dem Koran zufolge, Verzeihung zu gewähren oder für andere um Verzeihung zu bitten, mit einer Ausnahme: Abraham betet zwar um Verzeihung für seinen Vater; das tut er aber nur wegen eines Versprechens, das er ihm gegeben hat. Als er jedoch begreift, dass er „ein Feind Allahs” ist, sagt er sich los von ihm, obwohl der Koran ausdrücklich betont: „Siehe, Abraham aber war wahrlich mitleidsvoll und milde” (Sure 9,115).

Dieser Sachverhalt wird noch einmal in Sure 14 mit der Überschrift „Abraham” unterstrichen: Abraham bittet in seinem Gebet an Allah um Sicherheit für sein Volk (38–42) — und auch für seinen Vater erbittet er Gnade (Sure 19,42–51); gleichzeitig fleht er ihn an, von seinem Weg abzulassen. Da Abrahams Vater das ablehnt, trennt sich Abraham von ihm.

Damit aber nicht genug. Immer wieder verweist der Koran auf Abraham, der seinem Vater und seinem Volk vorhält: „Siehe, ich bin rein von dem, was ihr anbetet, außer dem, der mich erschuf” (Sure 43,25). Sie halten seine Worte jedoch für Zauberei, an die sie nicht glauben können.

Und noch einmal ist von Abrahams Vater und seiner Götzenverehrung die Rede. Sure 21,52–74 berichtet davon, wie Abraham die Götzen außer dem obersten in Stücke schlägt, damit sie diesem die Tat zuschreiben. Dafür wollen die Menschen Abraham verbrennen, aber Allah rettet ihn zusammen mit Lot, der später seinerseits aus der Stadt voller schlechter Leute ebenfalls von Allah gerettet wird (Verse 74–75).

In Sure 26 wird der Gläubige ermahnt, die Geschichte Abrahams vorzulesen (Vers 69). Abraham ergreift die Gelegenheit, den Herrn der Welten vor seinem Vater und seinem Volk zu loben: Er hat ihn erschaffen und leitet ihn; er speist und tränkt ihn, er heilt ihn, wenn er krank ist, und er hofft, er werde ihm am Tag des Gerichts seine Sünden verzeihen. Es ist ein großes Glaubensbekenntnis Abrahams vor den „Verirrten”, wie der Koran sie nennt (Vers 94).

In Sure 29,15 ermahnt Abraham sein Volk zur Umkehr; aber alles, was es darauf erwidert, ist: „Tötet ihn oder verbrennt ihn” (Vers 23). Allah errettet Abraham aus dem Feuer. Später bekommt Abraham Isaak und Jakob, und seine Nachkommenschaft erhält das Prophetentum und die Schrift, und auch im Jenseits soll er zu den Rechtschaffenen gehören (Sure 29,26).

Kurz erwähnt wird in Sure 11 die Geschichte von den Gesandten Allahs, d.h. den Engeln, die zu Abraham kommen, um ihm und seiner Frau die Geburt ihrer Söhne Isaak „und nach Isaak Jakob” (Sure 11,74) anzukündigen.

Sure 51,24–29 spricht ausführlicher von „Abrahams geehrten Gästen”, die zu ihm kommen und ihm „Frieden!” wünschen. Abraham schlachtet ein fettes Kalb für sie, von dem sie aber nicht essen. Statt dessen verkünden sie ihm, er werde einen Sohn bekommen. Auf diese Ankündigung hin verhält sich Sara dem Koran zufolge so: „Seine Frau nahte lärmend und schlug ihr Angesicht und sprach: ‘Eine alte Frau, unfruchtbar!’” (Vers 29). In der Hebräischen Bibel heißt es dagegen; „Und es lachte Sara in ihrem Inneren” (1. Mose 18,12).
[9] [3] Siehe dazu Paret, Rudi: Mohammed und der Koran, S. 14–23.


Quelle:http://www.hagalil.com/archiv/2009/07/09/koran-2/



 

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