Autor Thema: THEODIZEE - θεόδίκη [theódíke] = > Rechtfertigung GOttes < 1  (Gelesen 6964 mal)

0 Mitglieder und 3 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline ABA זאב ברנובסקי

  • Global Moderator
  • Hero Member
  • *
  • Beiträge: 929
  • שלום לכולם
    • Unser Kibbutz
THEODIZEE - θεόδίκη [theódíke] = > Rechtfertigung GOttes <

שלום כולם
Schalom zusammen,

Warum GOtt das Leid, die Not, die Ungerechtigkeit und das Elend zulässt, beschäftigt schon immer die Menschheit. Egal um welchen der vielen Gottheiten es sich handelt, es ist nun mal die Grundfrage, die ich hier klären (oder auch mehr oder weniger nicht klären) möchte. Im anfänglichen heidnischen Christentum, zu Beginn des 4. Jahrhunderts kam schon die große Kritik auf, die fälschlicher Weise erst dem griechischen Philosoph Epikur zugeschrieben wurde jedoch von einem mehr oder weniger unbekannten skeptischen Propheten stammte
:
 Dem lieben Epikur wird folgende Aussage diesbezüglich zugeschrieben:
Zitat
  • Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht:
    Dann ist Gott schwach, was auf ihn nicht zutrifft,
  • oder er kann es und will es nicht:
    Dann ist Gott missgünstig, was ihm fremd ist,
  • oder er will es nicht und kann es nicht:
    Dann ist er schwach und missgünstig zugleich, also nicht Gott,
  • oder er will es und kann es, was allein für Gott ziemt!
  • Woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht hinweg?

Ich könnte es eigentlich hier kurz machen und damit antworten:
... dass es keine Antwort darauf geben kann !!!

Doch ich neige eher dazu zu sagen:

Zitat
Für GOtt hat das ÜBEL (der Menschheit) einen Sinn,
obwohl es für irdisches, menschliches Denken unverständlich ist.
Unsere Erkenntnis und Wissen darüber sind begrenzt, um hierüber
metaphysische (hinter die Natur schauende) Spekulationen anzustellen!

Und noch weitergreifend ist hier zu der menschlichen Fragenatur zu sagen:
Die menschliche Vernunft hat das besondere Schicksal in einer Gattung ihrer Erkenntnisse; dass sie durch Fragen belästigt wird, die sie nicht abweisen kann; denn sie sind ihr durch die Natur der Vernunft selbst aufgegeben, die sie aber auch nicht beantworten kann; denn sie übersteigen alles Vermögen der menschlichen Vernunft.

Der Begriff Theodizee benennt das Problem der Rechtfertigung Gottes angesichts einer gegen ihn vorgetragenen Anschuldigung wegen des in der Welt begegnenden Übels. Der Begriff Theodizee ist kein biblischer, so dass man also nur implizite Hinweise auf diese Problematik erwarten kann.
Im TANACH ist in den älteren Schichten die Anschauung belegt, dass sich Tun und Ergehen eines Menschen entsprechen. Wer nicht gerecht/ gemeinschaftstreu handelt, sammelt um sich eine unsichtbare Unheilsphäre, die einst auf diesen Übeltäter negativ zurückwirken wird. Dementsprechend ist jemand, der Gutes tut, auch mit einer guten Heilssphäre ausgestattet (Tun-Ergehen-Zusammenhang). Damit wird Leiden als notwendige Folge eigener Verschuldungen verstanden, die sich sogar ohne besonderes Zutun Gottes negativ auswirken können. Dieses Verständnis erreichte seinen Höhepunkt mit der allgemein akzeptierten Deutung der Zerstörung Jerusalems und des Exils als "gerechte" Strafe für den Abfall unserer Vorfahren.
Bis in die exilische Zeit hinein gab es folglich wenig Zweifel daran, dass Gott gerecht handeln würde. Wenn es auch in ISRAEL wie in anderen Kulturen (Zweistromland: Sumerischer Hiob, babylonische Theodizee; Ägypten: Mahnworte des Ipuwer, Harfnerlieder) das Thema des leidenden Gerechten gab, so konnte man das Problem doch anfänglich damit lösen, dass man generationenübergreifend dachte. So dass das Wohlergehen welches einem Gerechten fehlt an seine Nachkommen übergeht. So wie es in דברים ואתחנן ה heißt:
» Gott sucht Schuld bis in das dritte und vierte Geschlecht heim,
» übt aber Gnade bis in das 1000. Geschlecht.

Doch immer mehr brach sich die Erkenntnis Bahn, dass einerseits sich Tun und Ergehen nicht immer wirklich entsprechen und andererseits das Verschieben auf spätere Generationen keine Lösung sein konnte. So gibt es Texte wie in Jeremijahu 12,1-6 die so formulieren, dass es dem Sünder gut, dem Gerechten aber dagegen schlecht geht und begehren gegen Gott auf. Jechsekiel versucht im 18. Kapitel gegen solche Kritik einen individuellen Tun-Ergehen-Zusammenhang plausibel zu machen. Spätere Propheten erwarten die Aufrichtung des Tun-Ergehen-Zusammenhangs für den Tag JHWHs, so wie wir es in Maleachi 3 lesen können:

» Dann werdet ihr wieder den Unterschied zwischen dem Gerechten und dem Gottlosen sehen,
» zwischen dem, der ihm dient und dem, der ihm nicht dient.


שלום אבא
Schalom ABA
זאב ברנובסקי
Zeev Baranowski


Quellen und Zitate:
Max Wiener, Berlin; Hanspeter Müller, Darmstadt;
_

 

Powered by EzPortal